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"Synagoge"

Station 02 DIE FACHWERK-SYNAGOGE.mp3
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             „Die Synagoge“                     

 

1799 bittet die Judenschaft der Synagogengemeinde Padberg die Herrschaft um die Erlaubnis zum Bau einer Schule, da die bisher genutzte Schulstube bei einem Brand zerstört wurde. Die Genehmigung wurde erteilt, jedoch mit  der Auflage, „dass sie (die Juden) zu diese Schule nicht das mindeste aus den Padbergischen Geholz sowenig es sey bau und Zäun und Stiever (Kiefer) Holz so wenig anjetz, als in der Zukunft erhalten oder fordern sollen“. Dies erklärt die Datierung eines dendrochronologischen Gutachtens, dass die Holzbalken zwischen 1780 und 1790 geschlagen wurde. Man verwendete also vorhandenes Bauholz. Die Schule wurde aus eigenen Mitteln der Synagogengemeinde bezahlt, das Grundstück von verschiedenen Gemeindemitgliedern zur Verfügung gestellt. Sie mussten entsprechend keine Abgaben entrichten, auch die Herren von Padberg verzichteten auf etwaige Gebühren.

Die Tatsache, dass sich die Juden „in derselben Schule aber sich ordentlich betragen und Ihren Gottesdienst soviel möglich in aller Stille ohne Tumult verrichten sollen und wollen“, machte die neu gebaute Schule gleichzeitig zur Synagoge.

Das Gebäude wurde in seiner Doppelfunktion als Schulhaus und Synagoge einfach, jedoch zweigeschossig in der damals typischen Bautradition des Dorfes im Fachwerkstil errichtet; zweigeschossig, denn beim jüdischen Gottesdienst herrschte Geschlechtertrennung. Männer beteten unten, für Frauen war die Empore vorgesehen. Dieses hatte aber nichts mit einer Benachteiligung zu tun. Frauen sind von bestimmten religiösen Pflichten freigestellt. Zu diesen gehört auch das dreimalige Gebet am Tag. Durch die Empore mit ihrem Aufgang direkt hinter der Eingangstür, konnten sie, ohne die Männer beim Beten zu stören, kommen und gehen, wann immer sie mochten.

Bei der Restaurierung des Gebäudes in den 1990er Jahren wurde die noch vorhandene Struktur und Ausstattung beibehalten. Denn auch zu Zeiten der Nutzung muss die Einrichtung und Ausmalung schlicht und einfach gewesen sein. Zeitzeugen konnten sich noch an den Standpunkt der sog. „Bimah“, des Lesepults, erinnern, auf welches die Torahrolle beim Gottesdienst gelegt wurde. Ebenso an den sog. „Aron haKodesch“, den Torahschrein an der Südostseite der Synagoge in Richtung Jerusalem. In der Deckenkonstruktion lassen sich Zapfenlöcher erkennen. Sie gehörten zu dem Rundgewölbe, welches laut Zeitzeugen mit einem Sternenhimmel verziert war.

Die jüdische Gemeinde in der Herrschaft Padberg ist weit älter als das vorhandene Gebäude. Den ersten schriftlichen Nachweis eines ansässigen Juden finden wir in Form eines Geleit- bzw. Schutzbriefes aus dem Jahre 1672. Ein direkt von den Herren von Padberg ausgestellter Geleitbrief ist aus dem Jahre 1723 erhalten. Schriftliche Hinweise auf Gottesdienste finden wir erstmals am 9. Februar 1751. Die Padberger und die Beringhäuser Juden stritten um die Abhaltung dieser Zeremonie. Man einigte sich auf einen jährlichen Wechsel. Da für einen jüdischen Gottesdienst eigentlich keine Synagoge benötigt wird, kann er ebensogut in einem kleinen Raum in einem Wohnhaus stattfinden. Es ist davon auszugehen, dass so bereits vor dieser Zeit jüdisches religiöses Leben in der Herrschaft Padberg praktiziert wurde.

Einen Höchststand an jüdischen Mitbürgern erreichte Padberg 1831 mit 95 Personen. Dies entsprach einem Anteil von 15,6 % an der Bevölkerung. Damit war die jüdische Gemeinde in Relation zu katholischen und evangelischen Mitbürgern eine der Größten in Deutschland.  Dies lag sicher auch an dem Umstand, dass die Juden unter dem besonderen Schutz der Herren von Padberg standen und innerhalb der Herrschaft Padberg uneingeschränkten Handel ausüben konnten.

Im Zuge einer Neuordnung entstand 1847 der Synagogenbezirk Padberg, zu dem neben den Juden in Padberg auch die Juden aus Beringhausen, Bredelar, Bontkirchen, Helminghausen, Messinghausen, Rösenbeck, Madfeld und Giershagen gehörten.

In den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts war die Anzahl der Juden in Padberg so weit gesunken, dass eine selbständige jüdische Gemeinschaft nicht mehr erhalten werden konnte. Da in dieser Zeit der Minjan, eine Mindestzahl von zehn jüdischen Männern über 13 Jahren, nicht mehr erreicht werden konnte, löste man die Synagogengemeinde Padberg unter Protest deren Mitglieder 1931 auf und ordnete die verbliebenen Juden dem Synagogenbezirk Marsberg zu. Durch den Verkauf des Gebäudes an einen ortsansässigen Dachdeckermeister 1932 für 380 Reichsmark, der es als Lager benutzte, entging das Kleinod den Zerstörungen der Pogromnacht und ist uns daher bis heute erhalten geblieben.

Die Padberger Synagoge ist eine der ältesten noch erhaltende Fachwerksynagogen Westfalens, wenn nicht sogar Deutschlands. Heute findet sich ein kleines Museum zum jüdischen Leben und Beten im Inneren des Gebäudes. Vorträge sowie die Möglichkeit der Besichtigung nach Absprache mit dem Stadtmarketing Marsberg oder dem Ortsheimatpfleger von Padberg halten die Erinnerung an eine Blütezeit der jüdischen Kultur und ein friedliches Miteinander von Christen und Juden vor Ort wach.